Alltags-Geschichten
Preiselbeeren
(28. August 2016)
Die Nachbarin und ich sind Preiselbeeren pflücken gewesen. Das muss unbedingt sein, hat sie gesagt. Sie will die Beeren konservieren, um sie später als Beilage zum Rehbraten zu essen. Also ich bräuchte die nicht zum Rehbraten, die schmecken ja ganz bitter, diese kleinen roten Dinger.
 
Wo wir gewesen sind?
Im Moos. Ich weiß nicht genau wo, und wenn ich’s wüsste, dürfte ich’s nicht verraten. Ja, die Nachbarin meint allen Ernstes, es könnte ihr jemand, der das jetzt liest, im nächsten Jahr die Beeren vor der Nase wegschnappen. Die hat vielleicht Vorstellungen! Ist doch viel bequemer, man kauft die Beeren, wenn man denn meint sie zu brauchen, verzehrfertig im Glas beim nächsten Einkauf im Supermarkt. Und wenn man schon meint, man müsse sie selbst konservieren, kann man auf dem Markt welche aus Schweden kaufen. Gar nicht mal so teuer.

Aber wir haben selbst gesammelt – drei Stunden wegen sechs kleinen Gläsern Preiselbeeren. Die Preiselbeerstauden wachsen zwischen Heidelbeerstauden, Rauschbeerbüschen und Heidekraut, meistens am Sumpf. Man steht also oft mit den Füßen im Morast. Für mich ist das nicht so schlimm gewesen, aber die Nachbarin hat nasse Hosenbeine gehabt und in den Schuhen ist sie geschwommen. Und dann noch diese Schnaken und Bremsen … Ich hab ja ein dickes Fell, da kommt so schnell nichts durch, aber die Nachbarin hat dauernd um sich geschlagen und am Ende doch jede Menge Stiche gehabt. Das Heidekraut hat geblüht und die Bienen sind eifrig am Honig sammeln gewesen. Denen bin ich immer großräumig ausgewichen, denn auf Bienenstiche auf der Nase kann ich verzichten. Welche vom Bäcker wären mir lieber.

Hier ein paar Beeren, da ein paar Beeren. Irgendwann hat die Nachbarin im Wald die Orientierung verloren und ist im Kreis gegangen. Da bin dann ich zum Einsatz gekommen. Ich hab sie wieder auf den richtigen Weg geführt. Ob sie ihr GPS-Kästchen dabei gehabt hat, weiß ich nicht. Vielleicht im Rucksack. Jedenfalls hat sie es nicht benutzt. 

Als wir wieder daheim gewesen sind, mussten die Beeren erst mal verlesen werden. Blätter, Ästchen sowie schlechte und grüne Beeren hat die Nachbarin zum Kompost gegeben, die guten Beeren hat sie gewaschen und dann eingekocht. Zum Abendessen haben wir Rehragout gehabt – ohne Preiselbeeren, denn die werden für den Rehbraten aufgehoben.

Melli