Menü: Melli: liebes Fraule
Menü: Melli: liebes Fraule

Liebes Fraule, 

seit Mittwoch bin ich wieder daheim, oder wenigstens fast. Das ist vielleicht ein Durcheinander gewesen am Mittwochmorgen. Das Gassi gehen hat noch geklappt, aber dann ist alles drunter und drüber gegangen. Meine Gastleute haben Kartons und Kisten in das weiße Auto geladen. Ich hab schon gedacht, dass ich gar nicht mehr hineinpasse. Dann ist der Mann mit dem anderen Auto gefahren, die Frau und ich sind außen gestanden, da habe ich fiepen müssen. Die Frau hat gesagt, ich brauche mir keine Sorgen machen, wir fahren mit dem weißen Auto. Ich bin schnell zu dem weißen Auto hingelaufen und eingestiegen. Um halb zwölf ist es dann endlich losgegangen. Ich habe mich nicht gerührt, bis das Auto wieder angehalten hat. Und stell Dir vor, da sind wir wieder in meiner Heimat gewesen. Ich hab das kaum fassen können. Die Frau hat gesagt, ich sei durch den Wind.

Die Frau und ich sind dann später zu uns heimgegangen. Ich habe es fast nicht erwarten können, Dich wieder zu sehen und bin schon 100 Meter vor unserem Haus losgerannt. Und dann … keiner da! Wir haben den Briefkasten geleert und die Geranien gegossen, auch die Sonnenblumen neben der Haustür. In der Nacht vorher hat es stark geregnet gehabt, die Erde ist noch ganz nass gewesen. Ich habe geschaut, dass ich wieder mit der Frau gehe, denn wenn alle verreist sind, verreise ich auch und wenn es nur zur Nachbarin ist.

Ich bin gerne hier in meiner Heimat. Es ist richtig schön. Wenn wir morgens um halb sieben spazieren gehen, hören wir die Rinder mit den Glocken läuten und die Hähne krähen. In der Stadt gibt es um diese Zeit nur viel Verkehrslärm von Zügen, Autos und Lastwagen. Und der Gestank, den die jeden Tag verursachen, ist weit schlimmer als der Geruch nach Jauche, den es bei uns hin und wieder gibt, wenn die Bauern die Jauche auf den Wiesen versprühen.

Gestern haben wir Brombeeren gesammelt. Die schmecken diesjahr gut, ganz süß und an den Büschen hat es viele große Beeren. Die Frau hat Marmelade gekocht. Sie hat gesagt, die darf ich nicht probieren wegen des Zuckers, den sie dranmacht. Wieso man da noch Zucker braucht, verstehe ich nicht, die Beeren sind doch süß genug. Die Frau hat mir immer wieder welche abgegeben. Abends waren wir wieder bei uns daheim, Blumen gießen und Zeitung holen. Liebes Fraule wo bleibst Du? Ich bin wieder ganz erwartungsvoll zu unserem Haus gerannt – vergebens …
Bei uns ist es schrecklich heiß. Ich schlafe in Nachbars Küche. Die hat einen ganz kühlen Fußboden.

In freudiger Erwartung bis Du wieder kommst – Melli.